Was uns nach der Bundestagswahl erwartet

Muss Wohnen in den kommenden vier Jahren wirklich teurer werden? Wer sich die Wahlprogramme der großen Parteien anschaut, kommt nicht umhin, sich diese Frage zu stellen. Dabei gibt es Möglichkeiten, Bezahlbarkeit, Nachhaltigkeit und die Förderung von Wohneigentum in Einklang zu bringen. Die Politik braucht nur den Mut dazu.                               

Von Jürgen Michael Schick, IVD-Präsident

 

Ganz gleich, wer der nächste Bundeskanzler oder die nächste Bundeskanzlerin wird — drei Themen werden die Wohnungspolitik der kommenden Legislaturperiode prägen: Nachhaltigkeit, Bezahlbarkeit und die weitere Förderung von Wohneigentum. Die klima- und umweltpolitischen Herausforderungen machen schon heute nicht Halt vor Wohnungsneubau und Bestandsbauten. Uns allen ist deshalb klar, dass in den kommenden Jahren neue und strengere Auflagen eingeführt werden – und wir ahnen, dass über deren Sinnhaftigkeit zu diskutieren auf einem anderen Blatt Papier steht. Gleichzeitig steigt die Nachfrage nach Wohnraum in den Metropolen und Ballungsgebieten, in den kleineren Großstädten und Universitätsstädten und mittlerweile auch in den Mittelstädten – und zwar sowohl nach Mietwohnungen als auch nach Wohneigentum.

Für mich bedeutet das aber nicht, dass auch automatisch die Preise für Mietwohnungen und Wohneigentum weiter steigen müssen. Mit einem klugen Schulterschluss zwischen Politik und Immobilienwirtschaft lässt sich der Wohnungsmarkt entspannen, Wohneigentum fördern und das Klima schützen. Bleibt zu hoffen, dass die neue Bundesregierung daran auch ernsthaft interessiert ist.

Da wäre zum einen die schlichte arithmetische Formel: Mehr Wohnungsneubau entspannt die Nachfrage. Positive wie negative Beispiele gibt es hierzu mehr als genug, ich fange mit dem abschreckendsten an: der Salamitaktik der Berliner Landespolitik. Nach jedem gescheiterten Gesetzesvorstoß zur Wohnungspolitik überlegt sich die Senatsverwaltung an der Spree ein neues Modell, das abermals zum Scheitern verurteilt ist. Die Folge: Der Druck auf den Wohnungsmarkt steigt, die Preise ebenfalls, die Unzufriedenheit in der Bevölkerung wächst und die Rufe nach noch mehr staatlichen Eingriffen werden lauter — der klassische Teufelskreis.

Dabei zeigen andere Stadtstaaten, wie es richtig geht. Das Hamburger Modell zum Beispiel, es ließe sich ohne Weiteres auf Berlin übertragen. Städte wie Düsseldorf und Frankfurt am Main haben denn auch immer wieder Delegationen an den Gänsemarkt geschickt, um von dem pragmatischen Neubaukonzept zu lernen. Dass Olaf Scholz, seinerzeit Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, dieses Konzept durch- und umgesetzt hat, ist sein großes Verdienst. In Hamburg jedenfalls hat sich die Lage deutlich entspannt. Die Frage bleibt natürlich, ob Olaf Scholz das auch auf Bundesebene tun würde.

Fest steht, dass neben dem Neubau vor allem Augenmaß und Pragmatismus beim Thema Nachhaltigkeit gefragt sind. Schon heute entsprechen die Regularien für den Neubau den Zielen von ESG — Environmental Social Governance, moderne Gebäude sind allesamt energieeffizient. Wenn nun aber auch im Bestand innerhalb weniger Jahre sämtliche Heizungsanlagen ausgetauscht werden sollen, wie das Bündnis 90/Die Grünen fordern, dann ist das aktive Preistreiberei. Allein die erzwungene Nachfrage würde die Preise für Wärmepumpen und Photovoltaikanlagen in den Himmel schießen lassen, was eine Marktverzerrung sondergleichen wäre. Ob Bündnis 90/Die Grünen nach der Wahl den realen Lebensverhältnissen in unserem Land wieder näherkommen werden, bleibt indes abzuwarten.

Vor diesem Hintergrund kommt das dritte Standbein der Wohnungspolitik bislang zu kurz. Mit dem Auslaufen des Baukindergelds bereiten sich zwar die bürgerlichen Parteien nun darauf vor, Grunderwerbsteuerfreibeträge beim (selbst genutzten) Ersterwerb einzuführen. Mit Prüfaufträgen und Öffnungsklauseln für die Bundesländer, wie das die Union vorschlägt, wird das aber nicht getan sein. Wenn es das erklärte Ziel einer bürgerlich mitregierten Bundesregierung ist, mehr Menschen in die eigenen vier Wände zu bringen, dann ist die Senkung des größten Nebenkostenpostens unabdingbar. Mit einer Grunderwerbsteuer von aktuell bis zu 6,5 Prozent, einer Inflation von bald vier Prozent und kaum Ansparmöglichkeiten für das nötige Eigenkapital werden sonst noch weniger Menschen aus der deutschen Mittelschicht den Sprung ins Eigenheim schaffen.

 

Hinweise

In diesem Text wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum verwendet. Weibliche und anderweitige Geschlechteridentitäten werden dabei ausdrücklich mitgemeint, soweit es für die Aussage erforderlich ist. 

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